Kamtschatka
, ein Reisebericht
Abflug
von Moskau
Nachdem
wir
am Vortag eine
kurze Stadtbesichtigung gemacht hatten warteten wir nun am Hotel auf
den Transfer der uns acht Reisende zum Flughafen Scheremetjewo bringen
sollte. Ob es am Wochentag lag, es war Montag, oder es andere
Gründe hatte, wissen wir nicht so genau. Was wir aber relativ
schnell merkten, war, dass
das Fahrzeug welches uns zum Flughafen bringen sollte, nicht kam.
Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit entschlossen wir uns mit dem Taxi
zu fahren. Acht Leute mit kompletter Ausrüstung in
zwei Fahrzeugen der
unteren Mittelklasse nebst
Fahrer war schon eine Herausforderung. Die Fahrt selbst war dann ein
Erlebnis der besonderen Art. Als
gelte es einen neuen Rekord aufzustellen fuhren uns die beiden
Chauffeure/in unter Ausnutzung auch der kleinsten Lücke
Abbiegespuren als Überholspur nutzend und weiterer Finessen
vorbei an beeindruckenden Hochhaussiedlungen der
Satellitenstädte zum
Flughafen. Wir
checkten ein und ließen uns dann neun Stunden
lang von dem herben Charme
der Stewardessen verwöhnen.
Petropawlowsk
…
verdankt seinen Namen den Aposteln Peter und Paul. Daran erinnert auch
seit mittlerweile doch schon drei Jahren
ein Denkmal am Ufer der Bucht . Das
Lenindenkmal ist ungleich grösser und sicher auch schon
länger am Ort. Den
Sockel ziert ein Spruchband welches die Gewissheit zum Ausdruck bringt
dass die Ziele Putins Wirklichkeit werden. In mir macht sich das
Gefühl breit, dass hier alte Losungen mit neuem Inhalt
hervorgekramt wurden.
Die
Zweihunderttausend-Seelen Gemeinde begrüßt uns mit
all dem Staub und Verkehr der Ihr zur Verfügung steht. Wir
machen einen kurzen Rundgang sehen altes und neues insbesondere das
Denkmal für die nicht wiedergekehrten Fischer, den Hafen der
seine beste Zeit wohl schon erlebt hat, den Meeresbahnhof der auch
keiner mehr ist, den Stadtpark und die neu erbaute Kirche mit goldenen
Zwiebeltürmen. Wir sehen auch viel Paradoxes was die
Zeitenwende mit sich brachte: alte marode Fassaden mit greller Reklame
die zum Sonnenbaden, Videoausleihe oder
zum Nachtvergnügen einladen. Auffallend
hübsche Mädchen und Frauen bewegen sich elegant und
modern gekleidet auf den unbefestigten oder halb zerfallenen staubigen
Gehsteigen.
Der Verkehr
ist mit jeder europäischen Großstadt
vergleichbar. Was aber
auffällt ist, dass so gut wie alle PKW das Steuer auf der
rechten Seite haben obwohl kein Linksverkehr geboten ist.
Offenbar
ist es einfacher im nahen Japan ein Fahrzeug zu besorgen als im fernen
Russland.
Hotel
Virginia
Wir wohnen im Hotel Virginia
in Paratunka. Uns
ist nicht ganz schlüssig was der Name mit diesem eher
schlichten Hotel verbindet. Wir
stellen fest, dass die Betten so schlecht nicht sind und man Bad und
Toilette auf dem Gang auch akzeptieren kann zumal es ja auch jederzeit
warmes Wasser gibt.
Frühstück
und Abendessen gibt es in der nahe gelegenen Kaffestube. Die Bedienung
ist jung und hübsch aber nicht sonderlich flexibel. Das Essen
ob Frühstück oder Abendessen war jedesmal dasselbe
und bestand im wesentlichen aus Soljanka
und lauwarmen Bouletten (abends) sowie
lauwarmen Spiegeleiern und Blinis mit Sirup (morgens) für 25
Rubel (ca. 75 ct.) Aufpreis konnte man noch zusätzlich eine
Scheibe Toastbrot mit Marmelade nachbestellen. Offenbar ist es auch
russische Sitte das Essen in der Reihenfolge der Zubereitung und nicht
etwa gemäß der Speisenfolge zu servieren. Im
optimalen Fall steht alles gleichzeitig auf dem Tisch. Es kann aber
auch vorkommen, dass der Hauptgang schneller als die Vorspeise ist.
Das
Getränkesortiment war ordentlich von Bier bis Sekt einschl.
einfacher Cocktails auf Wodka Basis war alles preiswert zu erwerben.
Trip
zum Awatschinskij Vulkan
Morgens
holt uns ein Gelände-Fahrzeug vom Typ Ural ab. Diesen kannte
ich noch von meiner Zeit bei der Armee in den Siebzigern,
so dachte ich. Den Typ den
wir benutzten muss von der koreanischen Armee benutzt worden sein,
zumindest der Aufbau für den Passagiertransport. Die
Sitzabstände waren entsprechend. Irgendwie zwängten
wir uns dann doch hinein und fuhren in einem Flussbett zum
Awatschinskij dem Wahrzeichen Petropawlowsk. Ordentlich
durchgerüttelt erreichten wir
unverletzt den Fuß des Vulkans und machten uns auf den Weg in
Richtung Gipfel. Etwas irritiert weil im Programm ein Aufstieg nicht
vorgesehen war machten wir uns in der Mittagshitze auf den steilen Weg.
Ich hatte einige Kilo Fotoapparat zu tragen Brigitte
den Rucksack mit Wasser und Regensachen und keine Gehhilfen dabei. Der nicht vorgesehene
Aufstieg war ein Übersetzungsfehler und sollte lediglich
bedeuten dass eine Besteigung nicht vorgesehen war und wir doch
vorhatten etwa 800-900 Höhenmeter auf den Berg zu gehen wo man
dann auf 1500 m ü. NN den wunderbaren Blick einerseits zum
Pazifik und andererseits zum Ochotskischen Meer sowie die Fumarolen in
der Nähe des Gipfels bewundern konnte.
So
unvorbereitet mit
wenig Wasser, die Probleme mit der Zeitverschiebung und viel zu viel
überflüssiges Gewicht dabei, die geliebten
Wanderstöcke im Hotel; da hat
es dann nur für 700 Höhenmeter gereicht . Der Pazifik
und das Ochotskische Meer waren wegen
des Dunstes eh nicht zu erkennen und für die Fumarolen hatte
ich mein fast zwei Kilo schweres Teleobjektiv dabei .
Der Weg
war trotz der
Härte ein schöner. So wanderten wir über
Schneefeld und schmale Pfade vorbei an Pionierpflanzen und besonderen
Lavagebilden. Der Ausblick in die Landschaft war auch ohne Meer ein
Augenschmaus .
Fahrt zum Kurilensee
Jetzt
sollte der anstrengendste und spektakulärste Teil der Reise
beginnen. Von Paratunka aus sollten wir die Halbinsel in Richtung
Westen überqueren und entlang der ochotskischen
Meeresküste 500 km in
Richtung Pautschetka fahren, übernachten und von dort in die
Wildnis bis an die Grenze des Naturreservates fahren, wo wir den Rest
dann zu Fuß ca.
12 km zum Kurilensee gehen werden.
Morgens
empfing uns ein Fahrzeug vom Typ Kamaz mit Passagieraufbau welches
für das Gelände hervorragend geeignet schien.
Das Fahrzeug war mit
dem Schriftzug Adventures versehen, was unserem Ansinnen in etwa
entsprach. Zahlreiche Aufkleber verrieten, dass das Fahrzeug bei einem
der spektakulärsten Hundeschlittenrennen als Begleiter
mitgewirkt hat. Die Sitze hatten den nötigen Abstand und eine
Klimaanlage sowie Sprechfunk mit dem Führerhaus waren
ebenfalls vorhanden.
Jetzt waren
wir komplett: 10 abenteuerwütige Touristen aus Deutschland (5)
Belgien (2) der Schweiz (1) und Moskau (2) sowie Reiseleiter,
Truppführer und sein Helfer und zwei Schweizer
Volontäre, welche sich sowohl als Übersetzer als auch
als zusätzliche Helfer nützlich machten.
Darüberhinaus noch Kraftfahrer und Beifahrer sowie die Frau,
die fürs Essenmachen zuständig war.
Nach der
Gepäckverladung und Besorgung einiger Sachen fuhren wir mit
einer Stunde Verspätung, was als pünktlich zu werten
ist, los. Zunächst sorgte die Asphaltpiste für gutes
Vorankommen zumal für unser Fahrzeug mit den großen
Rädern so gut wie keine Schlaglöcher zu
spüren waren. Kurz vor Ende der Piste machten wir an einem
Örtchen halt deren Bewohner vorrangig von
den anhaltenden Fahrzeugen zu leben schienen. Hier
konnte man dann noch Piroggen, eingelegte
Gurken oder das
hervorragend schmeckende Kamtschatka-Bier kaufen. Mit etwas Mut und
viel viel Überwindung konnte man auch die öffentliche
Toilette benutzen. (weitere
Details hierzu erspare
ich mir)
Danach ging
es in flaches Gelände vorbei an Sümpfen und Wiesen
zur Westküste Kamtschatkas wo wir dann entlang der
Küste weiterfuhren. Die Straße war eigentlich keine
sondern die Spur unendlich vieler Lastwagen welche den gefangenen Lachs
in die Fischverarbeitungsfabriken und von dort aus weiter zur
Verschiffung brachten.
Wir fuhren
dann auf einem schmalen Landstreifen an der Küste entlang.
Rechts das Meer und links die Nehrung eines der großen
Flüsse der Halbinsel.
Drei
Flüsse hatten wir zu überwinden zweimal mit
Fähre und einmal zu durchwaten mittels Fahrzeug.
Die Schwierigkeit die sich
plötzlich herausstellte war: zum Übersetzen mittels
Fähre ist Flut vonnöten und zum durchwaten mittels
Fahrzeug braucht es Ebbe. Und zwischen durch mussten wir noch einiges
an Kilometern zurücklegen .
Bei
den Lachsfischern
An der
ersten Fähre angelangt, war die Flut noch nicht hoch genug so
dass wir Zeit hatten, den
Lachsfischern bei der Arbeit zuzuschauen. Sie spannten Treibnetze im
Winkel von 90 Grad zum Ufer in
den Fluss wo die Fische entgegen der Strömungsrichtung zu den
Laichplätzen unterwegs waren. Nach einer festgelegten Zeit
wurde das Netzende mit
einem Boot ans Ufer gezogen und so vertäut, dass kein Fisch
mehr entrinnen konnte. Darauf begann dann die eigentliche Arbeit. Bis
zur Brust im Wasser stehend wurde der Lachs vom Ufer-Ende aus bis in
den letzten Zipfel des anderen Endes getrieben
wobei das Volumen durch Einholen des
Netzes stetig verkleinert wurde. War schließlich der
verbleibende Raum so klein, dass die Fische kaum mehr Platz zum
Schwimmen hatten ging ein Gehopse und Getanze der
wild umherspringen Fische vonstatten. Mittels eines
korbförmigen Netzes, welches an einem
Kranhaken hing und das wie ein Eimer unter das
Treibnetz gehalten wurde, wurde der Fang
schließlich auf die Ladefläche der Fahrzeuge
verbracht.
Fährleute
die eigentlichen Herrscher
Nachdem wir
den Fischern noch
ein paar Lachse als
Verpflegung abgekauft hatten war dann auch die Fähre soweit,
dass die Überfahrt hätte beginnen können.
Noch drei wartende LKWs und
dann waren wir an der Reihe. Als es dann losgehen sollte telefonierte
der Fährmann noch
eine Zeit lang um uns dann mitzuteilen, dass er seit kurzem keine
Lizenz zum Personentransport mehr habe und er nur das Fahrzeug
übersetzen dürfte. Glücklicherweise gab es
einen Kilometer weiter noch einen Fährmann den wir nach der
Personenlizenz fragen könnten. So fuhr unser Kamaz zu der
Fähre die ein von der Sowjetarmee übriggebliebenes
schwimmfähiges Kettenfahrzeug war. Einige tausend Rubel
ärmer und um die Feststellung reicher dass unser
Führer und
der Fährmann irgendwo in Kamschatka doch einige gemeinsame
Bekannte hatten war
die Personenlizenz festgestellt.
Wir begaben
uns auf die Ladefläche des Panzers. Jeder hielt sich irgendwie
fest und unser Kamaz fuhr den
Weg zurück zur Nicht-Personen-Fähre. Auf
der anderen Seite trafen wir uns wieder nachdem
wir noch eine Bärenspur am Strand bestaunt hatten. Wir
aßen noch eine Kleinigkeit vom Mitgebrachten und machten uns
dann auf den Weg zur nächsten Fähre wo wir uns die
Wartezeit mit der
Beobachtung von Robben vertrieben. Nach
dem Übersetzen war es dann auch schon
zu spät für die Weiterfahrt so dass kurzer Hand
festgelegt wurde: statt in Pautschetka auf dem dortigen Zeltplatz bzw.
bei Gastfamilien an
einer bekannten Hütte zu übernachten und morgens bei
Ebbe dann die Furt zu durchwaten .
Die
Hütte war tatsächlich da. Es gab noch ein
mitternächtliches Essen : Suppe vom zuvor gekauften Lachs ,
geräucherte Lachsstücke und marinierten Kaviar dazu
etwas Wodka nach
russischem Brauch begleitet
mit entsprechenden Wünschen für die bevorstehende
Tour.
Die
Hütte war eigentlich ein großer Raum mit Schlafplatz
für fast das gesamte Team. So begaben wir uns zur Ruhe einige
in der Hütte und einige im Bus. Ich zog es mit
Rücksicht auf die Mitfahrenden vor im
Zelt neben der Hütte zu campieren. Brigitte durfte mich
begleiten. Im Zelt erinnerten wir uns an die Bärenspuren und
brachten noch schnell alles Essbare incl. Zahnpasta ins Fahrzeug. Nebenbei stellten wir
fest, dass wir völlig unprofessionell die falschen
Schlafsäcke eingepackt hatten. Die waren höchstens
für temperierte Räume geeignet. Die richtigen lagen
zu Hause auf dem Dachboden. Mittels Isomatte oben und unten fanden wir
aber eine gangbare Lösung.
Der Morgen
empfing uns kühl,
feucht und neblig. Trotz aller Probleme mit Ausrüstung und den
so nahen Bären hatten wir tief und fest im Zelt geschlafen.
Nach der
schnell erledigten Morgenhygiene gab es ein schlichtes
Frühstück und die Fahrt konnte weitergehen. Vor
der Flussquerung
ließ der Fahrer den Motor noch ein wenig abkühlen
und dann fuhren wir ohne Probleme hindurch. Wir fuhren weiter an
verlassen Orten, einem Schiffsfriedhof und an unzählig viel
Schrott vorbei der/die von einst besseren Zeiten zeugten.
Pautschetka
und die Gastfamilien ließen wir rechts liegen und fuhren
weiter in Richtung Naturreservat. Aufgrund der trockenen Witterung
konnten wir soweit heranfahren das von den 12 km nur noch 10 km zu
laufen waren.
Weg
zum Kurilensee
Der
anstrengendste Teil der Tour lag vor uns. Wir wollten drei Tage im
Naturreservat bleiben dementsprechend mussten wir Zelte, Lebensmittel
sowie unsere persönliche Ausrüstung auf den
Fußmarsch mitnehmen. Das bedeutet das jeder etwa 15 kg
Gepäck zu tragen hatte
unsere Begleiter wohl noch etwas mehr.
Die Strecke
war ein schmaler Pfad in übermannshohem Gebüsch aus
Bärenklau und
anderen krautigen Pflanzen im Wechsel mit niedrigem
Erlengesträuch. Die
Begleitmann-
schaft,
nunmehr ausgerüstet mit Sprechfunk und
Bärenabwehrfackeln verteilte sich
gleichmäßig auf den Treck. In Anbetracht der vielen
Bärensch..haufen die sich alle fünf Meter auf dem Weg
befanden und die vielen Bärenpfade die den Weg kreuzten
blieben wir auch
ohne gesonderte Anweisung stets beieinander. Wir
überquerten einige Bäche und
auch Brücken die als solche zu bezeichnen schwer fiel. Das
Wetter war uns hold. Bei Regen wäre der Marsch mit dem
drückendem Gepäck ungleich schwerer geworden. Trotzdem
war das
Glück nicht auf unserer Seite. Nicht die Bären
machten uns zu schaffen sondern wir selbst. Wir hatten etwa die
Hälfte der Strecke geschafft da passierte es: Ein Mitglied der
Truppe rutschte an einem Bach aus und verletzte sich so dass an ein
Weitermarschieren nicht zu denken war. Nach kurzer Feststellung der
Lage und der Möglichkeiten wurde entschieden, die Truppe
dreizuteilen. Zwei Begleiter eilten voraus. Das Gros der
gehfähigen schloss sich an. Die Verletzte bewegte sich
humpelnd unterstützt von einem Begleiter in Richtung Camp.
Zuvor wurde das Gepäck bärensicher auf einem Baum
geparkt. Die Vorausgeeilten holten das Gepäck und ein
besonders geländegängiges Kettenmotorrad brachte dann
auch noch die Verletzte mit, so dass wir dann alle mehr oder weniger
glücklich an der dem Camp nahe gelegenen Forschungsstation
ankamen. Die Forschungsstation ist eine von der Fischwirtschaft
gegründete Einrichtung die sich mit der Erforschung
der Lachse mit dem Ziel der
Ertragserhaltung/ Steigerung befasst. Haupttätigkeit ist das
repräsentative Zählen der Tiere im Laufe des Zuges
und anschließender statistischer Auswertung. Das
großzügig angelegte Areal
liegt
unmittelbar neben dem Naturparkstützpunkt der in Anbetracht
seiner Größe eher wie ein Gartengrundstück
anmutet. Zu
unserem Bedauern umfasst die Forschungsstation auch
den besten Platz am Fluss um die Bären
zu beobachten. Bei unserer Ankunft
sahen wir gleich eine ganze Bärenfamilie deren Jungen sich im
besten Abend-Licht spielend und tollend am Ufer bewegten . Man deutete uns seitens der Leiterin
weder den Passierweg zu verlassen noch irgendwelche Fotos zu machen.
Am
Kurilensee
Der
Kurilensee ist eine Caldera deren ursprünglicher Vulkan
eingestürzt oder explodiert ist.
Er befindet
sich im Süden der Halbinsel und dient einigen Lachsarten zum
Laichen; wobei diese sich vorzugsweise in Ufernähe oder in den
zahlreichen einfließenden Bächen zum Laichen
einfinden. Aufgrund des immensen Lachsaufkommens gibt es hier neben der
Uzon Caldera die
größte Bärendichte der Welt. Auf dem
Gelände des Naturreservats bauten wir unsere Zelte auf und
konnten dabei immer wieder Bären beobachten die unmittelbar
vor uns am Ufer des Sees fischten. Wir waren regelrecht umzingelt nur durch einen
elektrischen Weidezaun geschützt, wie im Zoo nur dass wir
drinnen und die Tiere draußen waren.
Am
folgenden Tag war Bären- und Lachssafari. Morgens
versöhnte uns die
Forschungsleiterin mit einer ausführlichen Beschreibung
ihrer Arbeit inklusive
Führung, anschließend begaben wir uns auf den Weg
durch die Wildnis begleitet durch zwei bewaffnete
Inspektoren von der Naturparkverwaltung. Um
Bären zu sehen
war unser Trupp eigentlich zu groß bei Wahrnehmung von soviel
Menschen wird jedes Tier flüchten.
Nach
Überquerung eines Hügels kamen wir an dem
wunderschönen Strand an. Wir bewunderten schwimmende Steine
(ein Mineral das leichter als Wasser ist)
und jede Menge Lachse. Die
Art hier hat eine Besonderheit. Normal ist er
Silbergrau gefärbt. Sobald er sich aber im
Süßwasser
aufhält bekommt er eine rote Färbung und auch sein
Äußeres verändert sich. Wir sehen einen vom
Bären markierten Kratzbaum. Auch
sehen wir einige Lachse wo der Bär
offenbar schon die Augen (unter Bären als Leckerbissen
bekannt) rausgefressen hat. Offenbar legen sich Bären auch mal
kleine Vorräte an.
Um die
Tiere nicht zu verschrecken teilt sich die Gruppe und der Erfolg stellt
sich ein. Jeder bekommt seine Fotos, dem einen oder anderem ist es
etwas unheimlich so
nah dem Tier gegenüberzusitzen aber die Tiere sind offenbar
eher an den Fischen interessiert als sich über uns her zu
machen.
Abends ging
es dann noch in die Banja .
Der
Rückmarsch aus dem Naturpark verlief ohne
Zwischenfälle. Die Verletzte bekam eine abenteuerliche
Sonderfahrt und
unser Weg war derselbe wie hinwärts. Zum Glück
regnete es nicht aber es war noch etwas feucht so dass wir einige der
brückenähnlichen Gestelle nicht benutzen konnten. An
einer besonders tiefen
Stelle transportierten uns die Inspektoren mit Ihren
Hüftstiefeln im Huckepackverfahren von einem Ufer zum anderen.
In
Pautschetka
trafen wir
unsere Verletzte wieder. Sie hatte schon eine Nacht in einer
leerstehenden Wohnung in der sich nichts befand außer einem
windschiefen Holzgestell was offenkundig als Bett zu dienen hatte verbracht.
Die
angekündigten Gastfamilienquartiere entsprachen nicht den
Vorstellungen des Reiseleiters. So dass wir alle gemeinsam
auf einem Campingplatz an einem heißen Bach unsere Zelte
aufbauten.
Danach
besichtigten wir das Dorf,
insbesondere die mit Thermalwasser
betriebenen Gewächshäuser. Nicht schlecht staunten
wir dass wir neben Gurken, Tomaten auch Paprika, Melonen und sogar
lecker schmeckende Tafeltrauben zu sehen bekamen. Die Herkunft des
Naturdüngers blieb uns ein Rätsel da wir weit und
breit kein Rind gesehen haben.
Man zeigte
uns stolz die Banja und wir
stellten fest dass wie so oft die Banja wesentlich
aufwändiger gebaut ist als das
Wohnhaus. Im Unterschied zur normalen Banja musste man hier das Wasser
nicht heizen sondern auf Badetemperatur kühlen .
Abends
badeten wir am Zusammenfluss des heißen Baches mit einem
lauwarmen Gefließ, was das Wasser angenehm temperiert werden
ließ. In gewissen Grenzen konnte man die Temperatur regeln
indem man den einen oder den anderen Bach mehr oder weniger staute. Die
Temperatur variierte ständig so dass sogar noch ein wenig
Erfrischungseffekt vorhanden war.
Abends
Suppe, diesmal nicht zu nachtschlafender Zeit .
Am
nächsten Tag besichtigten wir das Geothermalkraftwerk in
Pautschetka. Ich war überrascht wie bereitwillig man uns da
hindurchführte und uns nach Herzenslust fotografieren
ließ. Zu Sowjetzeiten wäre dass undenkbar gewesen.
Wir ließen uns
einiges erklären und bestaunten die Turbinen. Eine war noch
aus Stalins Zeiten eine andere wiederum stammt aus einem amerikanischen
Atom-U-Boot.
Danach noch
Baden in einem warmen Wasserfall, Suppe
essen und schlafen.
Rückfahrt
nach Paratunka
Dann
machen wir uns wieder auf den Rückweg nach Paratunka. Wir
kaufen noch etwas Proviant und sind erstaunt was der kleine Laden in
dem unscheinbaren Dorf wo das eintönige Grau der
Häuserfassaden sich so wenig vom Straßenstaub abhebt so
alles
hergibt, von
Bananen, Nektarinen bis hin zum Krimsekt war alles da. Wir freuen uns,
nach vier Tagen wieder ein gekühltes Bier zu trinken und
machen uns auf den Weg.
Die
Rückfahrt verläuft ähnlich wie die Hinfahrt.
Wir kalkulieren diesmal von vornherein eine Übernachtung
unterwegs ein. Unser
Fahrer deutet an dass er eine geeignete Hütte auf dem Weg
kennt. Wir schaffen die Flußdurchquerung , auch die erste
Fähre. Nur die Hütte scheint es nicht mehr zu geben
obwohl der Fahrer seit Stunden meinte jede Minute könnte sie
kommen. Es wird etwas neblig. Daraufhin wird festgelegt, dass wir vor
der unheimlichen Kulisse einer verlassenen Siedlung unsere
Zelte aufschlagen. Ganz verlassen scheint die
Siedlung nicht zu sein, zwischen zwei
eingestürzten Gebäuden steht ein Container aus dem
etwas wie ein Ofenrohr herausragt, ein Paar gefütterte Schuhe
und ein Paar relativ neue Gummistiefel sehen wir. Davor ein Tisch mit
einem Wasserkessel drauf. Als Sitz dient ein leeres
200l-Öl-Fass. Leider war der Besitzer der Immobilie nicht zu
Hause oder wollte nicht gesehen werden.
Abends
bekamen wir noch Besuch von einem weiteren Kamaz-Fahrer, der dann
beschloss, nachdem er feststellte, dass er und unser Fahrer gemeinsame
Bekannte auf Kamtschatka hatte,
auch dort zu übernachten.
Am
nächsten Tag bemühte sich unser Führer auf
Grund der fehlenden Personenfährlizenz bei einem Fischer um
eine preiswerte Bootsübersetzung und bekam
ein akzeptables Angebot. Doch wie durch
ein Wunder hatte unser Fährmann die Personenlizenz
wiedererlangt, so dass wir samt Kamaz den Fluss überqueren
durften. Danach noch schnell Lachs kaufen und weiter ging es bis zur
besagten Raststätte mit der öffentlichen Toilette.
In
Paratunka angekommen empfanden wir das Virginia als wahre
Luxusherberge. Wir konnten Duschen, Toilette benutzen und diverse
Kleidungsstücke dekontaminieren. Mensch geworden genossen wir
das gekühlte Kamtschatka-Bier bzw. einen der drei angebotenen
Cocktails.
Zum
Frühstück gab es dann wieder lauwarmes Spiegelei und
Blinis wie gewohnt.
Die
Vulkane Gorelje und Mutnjovsky
Morgens
wartete schon unser Kamaz
auf uns. Das Gepäck hatten wir schon vor dem
Frühstück gepackt, so dass es pünktlich
losging. Unterwegs tankten wir Wasser an einem Silberbach dessen Wasser wegen der Silberionen
noch gesünder war als anderes Wasser. Angekommen am
Fuß des Gorelje, kurzer Imbiss und dann Aufstieg auf den
Vulkan. Diesmal waren wir besser vorbereitet,
so dass alle die 800 Meter Aufstieg schafften .
Neben dem
wunderschönen Ausblick auf weitere Vulkane des Areals
erwartete uns am Gipfel eine Kraterlandschaft. Der Gorelje besitzt 11
Krater von denen einer mit einem Kratersee gefüllt ist an
dessen blauer Färbung wir uns erfreuten. Ein weiterer Krater
ist mit einem gelblich grünen See aus konzentrierter
Schwefelsäure, die
wohl auch noch heiß ist, gefüllt. Ätzende
Dämpfe steigen uns in die Nase, so dass wir nach ein paar
schnellen Fotos
( wir und
der Krater , der Krater und wir, nur der Krater …
) den Rückweg antreten .
Danach eine
Stärkung (die Wurst ist noch genau dieselbe wie am ersten Tag,
aber diesmal gibt es auch Fisch , in Form von Ölsardinen )
und
wir treten den Weg zum neuen Camp an. Wir finden einen schönen
Platz wo links und rechts ein klarer Bach fließt, ein
großer Steinquader dient uns als Tisch. Es ist nicht zu kalt
und während der Bach vor sich hin plätschert schlafen
wir tief und fest.
Morgens
scheint uns die Sonne ins Zelt wir sehen den Vulkan Viljuchnskij mit
einer Wolkenmütze und freuen uns auf einen schönen
Tag. Es soll heute auf den Mutnjowskij Vulkan gehen wo uns ein
Kratersee und ein Gletscher erwartet, der von der Hitze des Vulkans
aufgeschmolzen wird. Der direkte Weg ist leider durch einen See
versperrt, so dass von einem Geothermalkraftwerk aus ein etwas
längerer Weg zu gehen ist. Das bedeutet 12 km Marsch bei etwa
1200 Höhenmeter das ganze in 12 h .
Brigitte
und ich beschließen unabhängig voneinander, dass
heute der Tag ist wo wir relaxen werden.
Das
bedeutet: diesmal wirklich kein Aufstieg und auch kein Ersatzprogramm. Wir
fahren mit zum Kraftwerk, welches sich schon weithin durch eine hundert
Meter hohe Dampfsäule zu erkennen gibt. Dort
laufen wir noch ein Stück
übers Schneefeld mit, um uns dann für die bunten
Blüten und weißes Wollgrass und ähnliches
zu interessieren. Ein paar Fotos und dann geht’s
zurück ins Camp. Ich bade meine Füße in dem
kalten Bach und gehe mit dem Fotoapparat auf Motivsuche. Brigitte sitzt
mit Ihrem Urlaubsbuch in der warmen Sonne. Abendessen
gibt es dann sehr spät, weil die
Besteiger doch länger gebraucht haben als erwartet.
Die Nacht
dauert etwas länger, die Zelte brauchen wir dafür
aber nicht abzubauen weil die nächste Gruppe diese
übernehmen wird. Wir verabschieden uns von unserem russischen
Bergführer Dima und seinem Helfer Stepan und machen uns auf
den Weg nach Paratunka. Unterwegs setzen wir noch unsere beiden
Schweizer Dolmetscher ab. Auch ihr Job ist beendet;
sie wollen noch auf den Viljutschinski
Vulkan
bevor sie
dann noch einiges auf der Halbinsel unternehmen werden.
Bei
den Itelmenen
Wir kommen
am späten Nachmittag in Paratunka an und werden dann von einem
Bus -Taxi ab-geholt mit dem wir in ein Itelmenendorf fahren. Wir
hatten, warum auch immer, gehofft einen Itelmenen-stamm zu besuchen der
vieles von seiner ursprünglichen Kultur und Lebensweise
bewahrt hat und
dies auch lebt. Dass dies unmöglich ist, mussten wir von der
Vortragenden der Kulturgruppe erfahren. Die Russischen Kosaken haben
schon vor langer Zeit die Itelmenen versklavt und die Kultur und
Sprache des Volkes zerstört. So bekamen wir zu der
Besichtigung der rekonstruierten historischen
Sommer - und Winter-quartiere eine folkloristische Vorstellung
dargeboten, die etwas
an polynesische Bräuche und auch an die der Maori erinnert.
Hervorzuheben sei die Benutzung Mövenschrei ähnlicher
Laute bei den Tänzen und Gesängen. Ansonsten gab es
noch den Tanz auf Glasscherben den Sprung übers Feuer und das
Laufen durch die Glut. Wir
übergaben unsere Seelen dem Feuer um sie dann gereinigt von
allem Schlechten wieder zu empfangen. Es wurde noch ein Abendessen
serviert bestehend aus Fischsuppe, Fischfrikadelle, Kaviar und ein
Gebäck mit Beeren. Insgesamt eine wohlschmeckende Abwechslung
zu dem was uns in den Tagen zuvor gereicht wurde.
Tal
der Geysire und Uzon- Caldera
Es war
nicht im Reiseprogramm und ich hatte es auch nur insgeheim gehofft,
dass es noch eine Gelegenheit gäbe, dieses so einmalige Areal
zu besichtigen. Wir hatten ja noch einen Tag zur freien
Verfügung. Es ließ
sich organisieren und das Wetter versprach auch gut zu werden. Ich
überzeugte Brigitte, dass Helikopter (mit) zu fliegen
einfacher als Flugzeug sei und so buchten wir zwei Plätze der
Tagestour. Mit zwei
Stunden Verspätung, der Morgendunst ließ sich etwas
Zeit, brach die Wolkendecke auf und es ging los. Ein spartanisch
ausgerüsteter MI-8 Hubschrauber besetzt mit 20 Passagieren
flog uns, vorbei an den
Kratern einiger Vulkane, ins
Geysirtal. Unterwegs roch es penetrant nach Auspuffgasen doch bei
offenem Fenster ließ sich das einigermaßen
ertragen. Kaum angekommen sahen wir auch schon die große
Dampffontäne sprühen.
Welch ein Glück, ist diese doch nur alle 6 Stunden aktiv.
Seitens der Führerin wurde uns von dem katastrophalen
Erdrutsch berichtet dessen Spuren noch deutlich zu sehen waren. Dieser
hat vor einem Jahr
einen großen Teil des Tales verschüttet und einige
der Geysire für immer begraben ein übriges bewirkte
das zu einem See aufgestaute Wasser. Trotzdem ist noch ein
repräsentativer Teil des Wunderwerkes der Natur erhalten
geblieben. Wir sahen im Wechsel ausbrechende Fontänen
heißen Wassers, die Malachitgrotte, die Teufelsaugen und
viele weitere vulkanische Erscheinungen.
So
beeindruckt verließen wir das Tal nach drei Stunden und
flogen weiter in die Uzon Caldera welche ein
ähnliches Wunderwerk der Natur
darstellt fast alles, was es an vulkanischen Erscheinungen gibt, kann
man hier auf engstem Raum besichtigen. Heißwasserseen,
Fumarolen, Schlammvulkane,
Sinterablagerungen usw.. Auch ist die Caldera berühmt wegen
Ihrer Vielfalt und Vielzahl an Tieren. Nirgendwo auf der Welt gibt es
soviel Bären auf engstem Raum, wie hier in der Caldera. Aus
diesem Grund ist es auch verständlich, dass wir nur einen ganz
geringen Teil des Areals besichtigen können. Wir sind trotzdem
beeindruckt von der Vielzahl Formen, Farben die der Vulkanismus hier
hinterlassen hat .
Der
Helikopter bringt uns anschließend noch zu
einer Ferienanlage für Angler wo
wir die Banja benutzen und den
Tag mit Lachs und Kaviar beschliessen .
Wieder
angekommen in Paratunka beendeten wir auf der Bank vor dem Virginia die
14-tägige Tour bei Bier und Rotwein. Wir hätten gern
etwas stilvoller Abschied genommen, leider war an diesem unserem
letzten Abend die Kaffestube geschlossen.
Ein Fazit
möchte ich in Anbetracht der vielfältigen
Eindrücke nicht ziehen. Trotzdem wünsche ich der
Halbinsel noch viele interessierte Besucher, die sich nicht scheuen die
eine oder andere Strapaze oder Misslichkeit in Kauf zu nehmen um die
Naturschätze respektvoll zu bewundern. Nur wenn man
weiß worum es geht kann man dessen Wert und Wichtigkeit
schätzen lernen. Das
Land hat soviel zu bieten und
wenn dies behutsam und mit Engagement dargebracht wird,
kann Mensch und Natur davon
gleichermaßen profitieren.
Für uns und, so glaube ich, auch unsere Mitreisenden war
es ein unvergesslich schönes Erlebnis dieses ferne
und doch
so spannende Land zu erleben .
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